Modena Week-End:logo Die romanische Kunst der Tiefebene


    n. 3 - Die romanische Kunst der Tiefebene

    Abteikirche von Nonantola

    In historischer und kunstgeschichtlicher Hinsicht hält dieses romanische Denkmal der Provinz am ehesten einem Vergleich mit dem Modeneser Dom stand. Die im Jahre 742 vom langobardischen Abt Anselm und dann von dem heiligen Sylvester geweihte Abteikirche brannte mehrmals ab, wurde verschiedentlich geplündert und mehrere Male wieder aufgebaut. Der heute zu sehende, im romanischen Stil errichtete Bau geht auf das 12. Jahrhundert zurück. Wenige Jahre nach dem Erdbeben, das im Jahre 1117 Schäden hervorgerufen hatte, wurde mit dem Bau begonnen. Die zwischen 1914 und 1917 durchgeführten Restaurierungsarbeiten hatten das Ziel, eben diese ursprüngliche Struktur zum Vorschein zu bringen und die im 17. und 18. Jahrhundert hinzugefügten barocken Elemente zu beseitigen. So wurde insbesondere die Krypta restauriert, die im 15. Jahrhundert mit Erde angefüllt worden war, zweifellos der älteste Teil des Gebäudes ist und 1117 keine Erdbebenschäden erlitt. Vorhalle der Abtei von Nonantola Kaum war sie wieder ans Tageslicht gebracht worden, erstrahlte sie in ihrer ganzen Schönheit mit ihren 64 kleinen, die Kreuzgewölbe tragenden Säulen und Kapitellen. Nach ihrem Vorbild wurde wahrscheinlich die Krypta des Modeneser Doms gebaut. Die in diesem Jahrhundert durchgeführten Restaurierungsarbeiten dienten auch dem Ziel, die ursprüngliche Höhe des Presbyteriums wiederherzustellen, die im 15. Jahrhundert errichteten Gewölbe zu beseitigen (und durch hölzerne Dachstühle zu ersetzen), den Fußboden tiefer zu legen sowie die mächtigen Kreuzpfeiler freizulegen. An der Fassade verdienen die Flachreliefs der Außenflächen der Portalpfosten besondere Beachtung: Auf der rechten Seite sind die ersten Begebenheiten des Evangeliums und auf der linken Episoden aus der Geschichte der Abtei dargestellt. Es handelt sich hierbei um wertvolle Beispiele einer Skulptur, die ihren Ursprung in Wiligelmus hat. Die mittelalterliche Mentalität ist am "bewohnten Rankenband" der Gewandung und der Archivolte erkennbar: Es symbolisiert den "dunklen Wald" des Lebens. Auf dem rechten Portalpfosten wird die Episode der Geburt Christi aus dem Neuen Testament erzählt. Diese ist in Einzelszenen unterteilt, die auch von Analphabeten verstanden wurden: Verkündigungsengel; die Geburt Christi; eine Krippe; Schafe; die Hirten; die Anbetung der Heiligen drei Könige. Auf dem linken Portalpfosten ist die Geschichte der Gründung der Abtei dargestellt: die Schenkung an Anselm, die Einweihung der Abtei, die Überführung der Reliquien des heiligen Silvester und ihre Beisetzung im neuen Sakralbau. Die ausdrucksvolle Symbolik der letzten Tafel verblüfft so manchen Besucher: Hier ist die aus dem Alten Testament entnommene Szene "Simson, der den Rachen des Löwen aufreißt" unerwartet zusammen mit Szenen des Neuen Testaments und der Geschichte der Gründung der Abtei dargestellt. Als jedoch diese symbolischen Botschaften noch verstanden wurden, erkannten die Gläubigen unschwer in Simson die Metapher Christi. Auch auf der Fassade des Modeneser Doms (vgl. "Die Skulpturen der Fassade") wird auf ähnliche Weise die enge Verbindung zwischen dem Alten und dem Neuen Testament hervorgehoben.

    Pfarrkirche von Ganaceto

    Kirche von Ganaceto: Detail des Taufbeckens

    Wir weisen diejenigen, die sich mit romanischer Plastik befassen, auf ein wertvolles Werk in der Pfarrkirche von Ganaceto hin, (welche auf den Resten einer romanischen Kirche des 12. Jahrhunderts errichtet wurde): das Taufbecken (ursprünglich war es ein Weihwasserbecken), dessen Relieffiguren - hier sind es doppelschwänzige Sirenen -mittelalterliche Phantasiegebilde und Symbole wiederaufgreifen, deren Bedeutung wir in den meisten Fällen nicht mehr kennen. Die Sirenen sind ein Sinnbild der Unkeuschheit, die im Mittelalter zu den von der Kirche am meisten verfolgten Sünden zählte. Interessanterweise finden wir dieselbe Typologie in einem Stirnziegel des Modeneser Doms wieder, weswegen das Werk der Schule des "Metopenmeisters" (12. Jhdt.) zugeschrieben wurde.

    Pfarrkirche Santa Maria Della Neve.
    Quarantoli (Mirandola)

    Die Kirche ('Heilige Maria des Schnees' genannt) existierte bereits vor dem Jahr 1000 und wurde im 12. Jahrhundert wiederaufgebaut. Im Laufe der Zeit wurde sie vielfach umgebaut. Viele Änderungen, (die insbesondere die Fassade betrafen), wurden während der Barockepoche in verschiedenen Stilen vorgenommen, so daß nunmehr von dem ursprünglich romanischen Bau nur noch wenig übriggeblieben ist, wie z. B. die Kanzel, deren Skulpturen sicherlich im 12. Jahrhundert angefertigt wurden und die das Werk von Künstlern aus dem Kreise des Wiligelmus sind. Sie sind so eindrucksvoll, daß sich ein Besuch schon allein um ihretwillen lohnt. Die Atlanten sind sehr ausdrucksstark: Die ungewöhnliche Anordnung der schönen Tafeln, auf denen die Evangelisten dargestellt sind, weist darauf hin, daß diese ursprünglich anderswo angebracht waren.

    Carpi: die "Sagra" und der Campanile

    Die "Sagra" von Carpi

    Gebäude sind lebende Organismen, die sich im Laufe der Jahrhunderte verändern: Eines der vielen Beispiele ist die "Sagra" genannte Kirche S. Maria di Castello. Ein flüchtiger Blick auf das Mauerwerk kann leicht zu der Annahme verleiten, es handle sich hier um einen Renaissancebau. Insbesondere die Fassade, die von Lisenen und Reliefs aus gebranntem Ton, welche den geometrischen Aufbau hervorheben, gegliedert ist, läßt darauf schließen. Schaut man jedoch näher hin, entdeckt man, daß es sich um einen (im Jahre 1184 eingeweihten) romanischen Bau handelt, wie beispielsweise die Apsis, die architektonischen Linien der Seitenwände mit Blendbögen und das Portal mit der Lünette, auf der die Kreuzigungsszene dargestellt ist, beweisen.

    Die Kanzel im Innenraum und der Campanile sind ebenfalls romanisch. Letzterer ist im Vergleich zur Kirche überproportional groß, was darauf zurückzuführen ist, daß der Sakralbau im 16. Jahrhundert von Albertus Pius um 2/3 verkleinert wurde, als der Platz hinter der Burg umgebaut wurde.

    Die Pfarrkirche von San Cesario sul Panaro

    In den '70er Jahren wurde die Kirche von S. Cesario restauriert. Hierbei kamen die typischen Elemente der romanischen Architektur wieder zur Geltung: Die Apsiden mit den Gewänden der schießschartenförmigen Fenster, die kleinen Blendbögen und -arkaden, die Lisenen, das Spiel der Spitzzahndekoration der Backsteine. Derartige Bauten haben einen ausgeprägten Lehrcharakter, da hier ganz deutlich die "Sprache" der romanischen Architektur zu erkennen ist.

    back to n.3

    © 1997 - Provincia di Modena - Made by

    The Puzzle(d)Team