Auf den Straßen des alten Stadtkerns wie auf dem Kies von Secchia und Panaro | |
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Eine Stadt am Fluß Der Pragmatismus der '50er Jahre hatte dazu geführt, daß sämtliche mit Kieselsteinen belegte Straßen asphaltiert wurden: Auf diese Weise kam man den Radfahrern und Absätzen der Damenschuhe entgegen, ignorierte jedoch die ästhetische Besonderheit einer an einem Fluß gelegenen Stadt, die deshalb wie die anderen aussah. Die restaurierten Straßendecken Durch einige gezielte Restaurationen hat man versucht, den Straßen des alten Stadtkerns möglichst wieder ihr ursprüngliches Aussehen zu geben. Geht man durch die Straßen und Gassen verschiedener Stadtviertel, erkennt man den unterschiedlichen Geschmack der Restauratoren. Doch alle sahen das Leitmotiv in dem Flußkieselstein, dessen Grauton stark dem der Gneisplatten ähnelt: sozusagen ein 'Katalog' der möglichen Kombinationen. Nördlich der Via Emilia Zwei T-förmig aufeinanderstoßende Straßen, die Via Cesare Battisti und die Via Taglio, sind restauriert worden. Für die Fahrbahn der ersten Straße, d.h. den zwischen den beiden Bürgersteigen liegenden Teil, wurden nur Flußkieselsteine verwendet. Demgegenüber besteht die Decke der zweiten Straße vollständig aus Gneis. Sie wirkt wie ein langer Salon im Freien (eine reine Fußgängerzone mit schönen Geschäften), der unter den Apsiden der Kirche San Giorgio, in dem stillen Winkel mit Brunnen auf der Piazzetta Molinari, endet. Südlich der Via Emilia Die hier ausgeführten Arbeiten fallen wesentlich mehr ins Auge. Allerdings griff man hier auf das Schachmuster und auf verschiedene andere Dekorationsmotive zurück. Im südlichsten Teil der Stadt, in der Nähe der Durchfahrtstraßen Corso Canal Chiaro und Via Francesco Selmi, besteht der Belag der Via San Geminiano, Via Grasolfi, Rua Dei Frati Minori, Via San Paolo, Via Tre Re ausschließlich aus Kieselsteinen. Demgegenüber weisen die Via San Salvatore, Via Cervetta, Via Trivellari sowie die Via Francesco Selmi einen Mittelstreifen aus Gneis auf. Im Osten der Stadt ist es interessant, die Verschiedenartigkeit der einst für die Kutschenräder vorgesehenen Furchen zu untersuchen, welche heute wahrscheinlich die ästhetischen und funktionalen Kriterien erfüllen. Im Corso Adriano besitzt die mit Kieselsteinen bedeckte Fahrbahn ungewöhnlicherweise nur einen einzigen Gneisstreifen. In der Via Gallucci und Via Scarpa (die eine setzt die andere auf der Senkrechten des Corso Canal Grande fort) finden wir drei Kieselsteinstreifen, die zwischen den Furchen und Gneisbürgersteigen verlaufen. In der Parallelstraße der Via Scarpa, der erst später restaurierten Via Tintori, werden dieselben Materialien eingesetzt, allerdings auf andere Art und Weise: Bürgersteige und ein einziger Mittelstreifen aus Gneis mit zwei breiten Furchen aus Kieselstein. Zwei wieder zum Leben erweckte Straßen, die Via Carteria und die Via S. Eufemia Die Via Carteria ist ähnlich wie die Via Tintori restauriert worden. Hier wurde, nachdem das Gefängnis S. Eufemia verlegt worden war, ein reizender, aber verfallener Winkel saniert. Die Straße, eine der längsten in Nord-Südrichtung, verbindet die Via Emilia Ovest mit dem Piazzale San Francesco und kann auf Grund des geänderten Straßenverlaufs als Alternative zum Canal Chiaro angesehen werden. Es handelt sich folglich nicht nur um eine Sanierung, sondern um eine neue, für den Fußgänger geschaffene Zone. Die Straße verläuft nicht geradlinig, sondern ist sehr kurvenreich. Auf beiden Straßenseiten liegen sich die Bogengänge gelegentlich an einer Stelle gegenüber, so daß sich die Fahrbahn zu einer engen Gasse verengt. Die kleinen Seitenstraßen gehen trichterförmig von ihr aus und bilden so kleine Plätze. Die Straße wird von zwei kleinen Plätzen unterbrochen: Einer liegt hinter den Apsiden der entweihten Kirche S. Giacomo (wo eine Statue von Graziosi als Brunnendekoration dient), der andere vor der Kirche San Barnaba mit einer Fassade aus dem 18. Jahrhundert, die mit Skulpturen geschmückt und in den grellen Farben Ockergelb und Rot getüncht ist. Selbst wenn das Kircheninnere im Laufe der Zeit grau geworden ist, so ist an dem - vollständig mit perspektivischer Illusionsmalerei ausgeschmückten - Deckengewölbe und in den Seitenkapellen mit Altären mit Marmorintarsien noch deutlich die Pracht des 17. Jahrhunderts zu erkennen. Auch bei den vier Beichtstühlen aus Nußholz, deren schnecken- und traubenförmige Schnitzereien den strengen Kirchengeräten eine gewisse Leichtigkeit verleihen, handelt es sich um typische Barockwerke, selbst wenn sie aus dem 18. Jahrhundert stammen. Als letzte Straße wurde die Via S. Eufemia restauriert. Sie beginnt direkt vor dem Dom, wird breiter, bildet einen kleinen Platz vor der gleichnamigen Kirche und kreuzt danach die Via Carteria. Die gleichmäßige Straßendecke aus Gneis, der nur auf dem Platz durch Flußkieselsteine ersetzt worden ist, verleiht der Straße neuen Glanz. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf die Domfassade, die hoch emporragende Ghirlandina und den hohen Turm des Palazzo Comunale. Unmittelbar westlich der Via Carteria finden wir den Gebäudekomplex der ehemaligen Kaserne Santa Chiara, an dem dank einer geschickten Restaurierung die enormen Kriegsschäden (die erhaltenen Mauerreste wurden nicht wiederaufgebaut) noch zu sehen sind. Er ist auch ein Beispiel für die Anpassung an die Bedürfnisse des Alltagslebens und der Kultur (hier stehen einige Privathäuser und befindet sich der Sitz des Kinoklubs Truffaut). Die Nachbarstraßen Via Malatesta, dell'Alloro, Santa Chiara und delle Rose wurden ebenfalls unter großzügiger Verwendung von Flußkieselsteinen restauriert. "S. Francesco", um die Altstadt südlich zu 'schließen' Flußkiesel wurden auch auf der Piazetta S. Francesco rund um den Brunnen mit einer von Graziosi geschaffenen Statue verwendet, auf der der Heilige dargestellt ist, wie er gerade zu den Vögeln predigt. Hier mündet der gewundene Corso Canalchiaro, der eine sich ständig ändernde Sicht bietet, was typisch für die über den Kanälen gebauten Straßen ist. Auf Grund der vielen Restaurierungen zur Erhaltung der Bausubstanz, der doppelten Bogengänge mit unterschiedlich hohen und breiten Öffnungen, der Verwendung architektonischer Terracotta an den Portal- und Fensterprofilen sowie eines vornehmen Gebäudes aus dem 15. Jahrhundert aus ungetünchtem Backstein ist sie sicherlich eine der schönsten Straßen Modenas. |
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