Modena Week-End:logo Hinter den Außenmauern verträumte Gärten neben sehenswerten Kirchen


    An verschiedenen Stellen der Stadt gibt es Grünflächen -jede hat ihre eigene Geschichte - hinter unüberwindbaren Außenmauern. Hier sind die Eingangstore immer geschlossen. Und selbst wenn diese Vegetation streng privat ist und nur ausschnittweise zu sehen ist, so schenkt sie doch der Stadt bezaubernde Winkel, auch weil sie an stillen Punkten der Stadt, abseits vom Verkehr und von den Handelszentren, liegen.

    Corso Vittorio Emanuele II/Via Sant'Orsola

    Im nördlichen Teil der Stadt, den die Este im 16. Jahrhundert entwarfen, finden wir Spuren von großen, privaten Parks, die immer geschlossen sind. Der Besitz des Palazzo Boschetti liegt an der Via Sant'Orsola, wo eine gerade Mauer der Straßentrasse folgt und das Grün des dahinter befindlichen Gartens nur zum Teil neugierigen Blicken entzieht. Nur von hier aus kann man einen Blick in den Park werfen. Was sich jenseits der Mauer befindet, existiert nur in der Vorstellung, ausgehend von dem, was nur undeutlich wahrgenommen werden kann: Zu sehen sind Pappeln, Zypressen, Ahorn- und Kastanienbäume, ein hoher Ailanthusbaum, dessen Blüten im Spätfrühling dieselben Farbtöne - Gelb und Ocker -aufweisen, in denen der Palast verputzt ist.

    Via dei Servi/Vicolo Grassetti: Garten jenseits der Mauer

    Via dei Servi/Vicolo Grassetti

    Wenn im alten Stadtkern die unbebaute Fläche zu klein ist, kann man auf eine Art falsches Grün zurückgreifen. Ein Beispiel finden wir in dem kleinen Palast in der Via dei Servi an der Ecke des Vicolo Grassetti. Neben diesem Gebäude ist die für einen Garten zur Verfügung stehende Nutzfläche sehr klein, wird jedoch geschickt ausgenutzt. Die Außenmauer ist bis ins kleinste Detail geplant. Hier kehrt das Motiv der Palastfenster wieder. Da die Bäume sehr dicht gepflanzt sind, hat man den Eindruck, das Grün sei sehr üppig: So finden wir hier zwei hohe, großblättrige Trompetenbäume, Linden, Ranken und Akazien mit ihren typischen rosafarbenen Büscheln während der Blütezeit.

    Via del Taglio - Via Castel Maraldo

    Wo die Via del Taglio endet und V-förmig auf die Via Cardinal Morone stößt, entdeckt man einen kleinen dreieckigen Platz mit einer Kirche, S. Maria della Pomposa. Die Fassade mit nur einem großen Fenster ist, wie man noch an den vielen Löchern und an den zahlreichen Umbauten erkennt, unvollendet. Links tritt, einen eigenartigen, spitzen Winkel bildend, ein Teil des Pfarrhauses hervor. Über dem Eingang erinnert eine Gedenktafel daran, daß hier der Propst der Kirche, L.A. Muratori, 34 Jahre lang bis zu seinem Tode im Jahre 1750 lebte. Der einschiffige Kirchenbau mit seiner rechtwinkligen Apsis weist eine sehr nüchterne Linienführung auf. Er ist in demselben Farbton wie die benachbarten Backsteingebäude verputzt und fein auf diese abgestimmt. Einst wohnte hier die Familie Muratori. Heute ist hier sowohl das Museo Muratoriano (mit den Werken des Historikers und wichtigen Erinnerungsstücken) als auch die Deputazione di Storia Patria per le Antiche Province Modenesi (dt. Verein für die Heimatgeschichte der alten Modeneser Provinzen) untergebracht. Der wißbegierige Tourist sollte diesen Ort nicht nur wegen des interessanten Historikers Muratori besuchen, sondern auch wegen der einzigartigen Winkel, die in ihrer Gesamtheit, nicht auf Grund der außergewöhnlichen Details, beindrucken. So ist neben der Kirche, entlang der Via Castel Maraldo, die Verbreiterung, ein besonderes Detail dieser Stadt, zu sehen: Zwischen Gebäuden mit Bogengängen und Außenmauern gelegen, gibt sie die Vegetation nur teilweise verborgener Gärten dem Auge preis. Im Schatten einer Eibe und eines Magnolienbaums, die auf der kleinen Grünfläche neben der Kirche wachsen, finden wir neben dem aus einem Maskaron herausragenden Wasserrohr eines Brunnes eine lateinische Inschrift mit einer in einem übermütig-scherzhaften Ton abgefaßten Widmung von Telesforo Fini. Dieser war Gastwirt und stiftete sie der Stadt, um um Vergebung dafür zu bitten, daß er zu häufig den Wein mit Wasser verdünnt hatte.

    Piazzetta S. Petro

    Via San Pietro/Rua Pioppa/Via Mascherella

    Vor der Kirche San Pietro - dem einstigen Sitz eines Mönchsordens in der Nähe der Stadtmauer, an deren Stelle sich heute der Park des Viale delle Rimembranza befinden - liegt ein Platz. Auf der anderen Seite der am Straßenrand wachsenden Zürgelbäume befindet sich ein kleiner, geschlossener Innenhof: ein Ort der Stille, an dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Daneben, entlang der Via Pioppa und der Via Mascherella, verdeckt eine Mauer einen Garten. Diese ist aber nicht hoch genug, um eine Steineiche und einen großen Lorbeerbaum den Blicken der Passanten zu entziehen. Kirche S. Pietro - Begarelli: Die unbefleckte Empfängnis Mariens Die Kirche S. Pietro trägt nicht nur zum anonymen Charme des Platzes bei, sondern verdient auch, genannt zu werden, weil sie ein originelles Bauwerk ist. Sie ist eines der ausgesprochen seltenen, aus dem 16. Jahrhundert stammenden und noch heute erhaltenen Sakralbauten dieser Stadt. Die Kirche ist das Ergebnis eines Mischstils, der viele Elemente der romanischen und gotischen Epoche enthält. Und an der Fassade sehen wir deutlich einige typische Renaissanceelemente wie die Lisenen, die die Fläche aufteilen, die drei Türen, deren weiße Marmordekorationen sich von dem Backsteinuntergrund abheben, und den Cottofries, worauf man Seepferde mit gewundenen Schwänzen sowie Satyre - zwei im 16. Jahrhundert weitverbreitete ikonographische Motive - erkennt. Der in architektonischer Hinsicht schönste Teil des San-Pietro-Komplexes ist der Große Kreuzgang im Zentrum des ehemaligen, zum Kirchenkomplex gehörigen Benediktinerklosters: eine Fläche, die nach klassischen Vorstellungen von den Öffnungen des Bogengangs mit ionischen Säulen bestimmt wird, über dem im Obergeschoß eine Reihe mit gekuppelten Fenstern zu sehen ist. Kirche S. Pietro: Antependium aus Stuckmarmor Schon vor geraumer Zeit wurden die wertvollen Kunstwerke aus dem ehemaligen Kloster entfernt, in dem heute das Bezirkskommando, eine weiterführende Schule sowie das Büro der San-Pietro-Pfarre untergebracht sind. Bei diesen Werken handelt es sich um die vier Statuen, die seit 1819 zusammen mit zwei weiteren Statuen aus der Kirche S. Francesco auf ihren Sockeln neben den Mittelschiffpfeiler in der Kirche S. Pietro zu sehen sind: eine eindrucksvolle Doppelreihe von Tonplastiken, die dem Besucher bereits an der Türschwelle auffallen und den Bau in eine "Kirche des Begarelli" umwandeln.

    Sieht man Modena als "Museum der verstreuten Werke Begarellis" an, so kann man versuchen, einen Rundgang zum Kennenlernen dieses Meisters festzulegen: Nicht nur in den Kirchen S. Pietro, S. Francesco und S. Agostino, auch in S. Domenico finden wir eine von Begarelli geschaffene Figurengruppe. Außerdem ist im rechten Seitenschiff des Doms eine seiner "Krippen" zu sehen, während in der Galleria Estense (im Palazzo dei Musei) die "Madonna mit Kind" und einige kleinere Werke ausgestellt sind. Schließlich enthält das Museo di Arte Medievale e Moderna (im Palazzo dei Musei) zwei weitere Werke: die "Platzmadonna" und einen "Engelskopf".

    back to n.4

    © 1997 - Provincia di Modena - Made by

    The Puzzle(d)Team