Der Palazzo Ducale/Militärakademie | |
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Das Bestreben der Este, der Stadt ihren Stempel aufzuprägen, begann mit dem Palazzo Ducale (dt. dem herzoglichen Palast), den Francesco I ab 1634 nach einem Entwurf von B. Avanzini auf den Ruinen des von Obizzo errichteten Kastells baute. Das Gebäude ist ein hervorragendes Beispiel für die profane Architektur des 17. Jahrhunderts und wirkt auf Grund der architektonischen Lösungen elegant, auf Grund der Ausmaße jedoch imposant. Es besitzt drei Türme, die an der Stelle emporragen, wo zwei lange, dreigeschossige Baukörper, die mit einer Marmorbalustrade bekrönt ist, aufeinandertreffen. Der mittlere Turm mit Altan und Türmchen weist nicht zuletzt auch wegen der Säulen und Lisenen eine deutlich betonte Senkrechtbewegung auf, die aber ausgeglichen wird von dem nüchternen, horizontalen Charakter der Fassade, deren Hauptmerkmal das Motiv der Fensterpaare ist. Die Arbeiten dauerten mehrere Jahrhunderte lang. So wurden die letzten Statuen von G. Graziosi, die die aus Holz gefertigten, nunmehr arg beschädigten Originale ersetzten, 1926 auf der linken Balustrade aufgestellt. (Wer sich die Modelle aus der Nähe anschauen möchte, kann die Gipsabdrücke von 'Bacchus' und 'Ceres' in der Gipsoteca Graziosi des Palazzo dei Musei sehen.) Der Palast beruht auf einem erhabenen Bauprinzip: breite Fenster mit geradliniger, gewölbter bzw. dreieckiger Verdachung vom ersten bis zum dritten Stockwerk; Pfeiler und Säulen, paarige Gurtgesimse, kleine, gewölbte Fenster in der Ausschmückung des Hauptgesimses, Marmorbalustrade mit Statuen, die Tugenden und mythologische Figuren darstellen, zwei massive, eindrucksvolle Statuen [Herkules und Emilius Lepidus] seitlich des Eingangsportals. Der Besucher sollte den Palast von der Via Farini aus betrachten. Aus dieser Perspektive sieht man nur den Zentralkörper, der jedoch als wichtiger Bestandteil der Stadt zugleich mächtig und leicht emporragt. Die Scuderie Ducali (dt. die herzoglichen Pferdeställe), die im 17. Jahrhundert im Corso Canalgrande direkt neben der Residenz der Este errichtet wurden und in denen gegenwärtig eine Kaserne der Kavallerie untergebracht ist, sind sicherlich bescheidener, aber dennoch sehenswert. Da der Palazzo Ducale heute Sitz der Militärakademie ist, kann er von den Bürgern nur am 4. November oder an dem Sonntag unmittelbar vor bzw. nach diesem Datum besichtigt werden, nachdem zuvor ein Antrag auf Führung gestellt worden ist. Nur bei dieser Gelegenheit kann man durch den Cortile d'Onore (dt. Ehrenhof) über die Nordfassade des Palastes hinaus bis zum Corso Vittorio Emanuele II (wo einst der Flußhafen lag) gehen: Hier machten noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele Bürger oft einen Spaziergang. Bei diesem Gang offenbart sich auch der nüchterne Charakter des auf Grund des Serliomotivs der Marmorbalustraden im ersten und zweiten Stock zugleich leicht und streng-elegant wirkenden Ehrenhofes. Links vom Ehrenhof führt eine quer verlaufende Loggia zum Scalone d'onore (dt. große Ehrentreppe), einer weiteren architektonischen Spitzenleistung im 'verborgenen Palast'. Sie ist nicht nur funktional und gediegen elegant, sondern auch, da sie auf zwei Innenhöfe hinausgeht, ungewöhnlich hell. Im Palastinneren erinnert nur noch wenig an die ehemalige herzogliche Residenz. Die wichtigsten Spuren finden wir vielmehr an einem anderen Ort, im Palazzo dei Musei, wo jetzt die Pinakothek untergebracht ist. Im Palazzo Ducale sind zwei bedeutende Deckenmalereien aus dem 17. Jahrhundert im Salone d'Onore (dt. Ruhmessaal) und in dem angrenzenden Raum erhalten. Hierbei handelt es sich um interessante Beispiele einer Malerei, die die Flächen auf illusionistische Weise ausfüllte und 'durchbrach'. Sie zeugen auch von der ausgeprägten Absicht der Este, sich selbst zu verherrlichen. So wird im Ruhmessaal die Kriegerin Bradamans im Olymp von Jupiter gekrönt, während der auf dem Schild abgebildete Adler der Familie Este sie als Urahnin des Geschlechts und seiner militärischen Ruhmestaten zeigt. [Wer das Werk des M.A. Franceschini näher kennenlernen möchte - das Deckenfresko ist leider infolge eines Brandes im Ruhmessaal sehr dunkel -, sollte ein anderes Werk des Künstlers in der Kirche San Carlo besichtigen, "Der heilige Karl im Gebet für die Pestkranken".] Im 19. Jahrhundert hat sich die Bildhauerkunst des Risorgimento an der Familie Este gerächt, indem unmittelbar vor dem Hauptportal ein Denkmal aufgestellt wurde zu Ehren Ciro Menottis, des auf Geheiß des Herzogs Francesco IV gefangengenommenen und gehängten Urhebers der Unruhen des Jahres 1831. Von einer anderen historischen Rache zeugt die Freiheitsstatue auf der Piazza San Domenico neben dem linken Seitenflügel des Palastes, gegenüber der gleichnamigen Kirche aus dem 17. Jahrhundert. Während des Faschismus wurde sie von dem Sockel, der jahrzehntelang leer blieb, entfernt. Der Modeneser Bildhauer M. Quartieri stellte eine Kopie dieser Statue her, die zu Beginn der '80er Jahre an derselben Stelle aufgestellt wurde. |
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