Untersucht man die städtebauliche
Entwicklung Modenas, so stellt man fest, daß versucht wurde,
den Mittelpunkt der Stadt von der Piazza Grande - im Mittelalter
und im Zeitalter der freien Städte das wirtschaftliche, politische
und gesellschaftliche Zentrum - zu verlegen. Dieses gilt insbesondere
für das 17. und 18. Jahrhundert, d.h. für die ersten
Jahrhunderte der Epoche, als Modena Hauptstadt des Herzogtums
der Este wurde. 1598 kam Ferrara, nachdem der kinderlose Alfonso
II d'Este gestorben war, wieder unter die Herrschaft des Kirchenstaates.
Daher bestand das Herzogtum der Este nunmehr nur noch aus Modena,
Reggio Emilia und Carpi. Der neue Herzog Cesare machte daraufhin
Modena zur Hauptstadt. Die Stadt hatte einen provinziellen Charakter
und wies vorwiegend mittelalterliche Züge auf. Aus diesem
Grunde beschlossen die Este, das Stadtbild zu ändern. Modena
sollte prachtvoller werden, um eines Herzogs würdig zu sein.
Zwar dehnte sich auch unsere Stadt - wie Ferrara - Mitte des 16.
Jahrhunderts zum ersten Mal enorm aus. Es handelte sich aber um
eine durchdachte und vor allem aus militärischen Gründen
durchgeführte Flächenausdehnung im Norden, wo das Stadttor
nach dem angrenzenden, von Obizzo II d'Este im Jahre 1289 erbauten
Castello (dt. Kastell) benannt wurde. Die Ausdehnung außerhalb
der Stadtmauern umfaßte die Fläche zwischen dem gegenwärtigen
Corso Cavour und dem Bahnhof. Dieser neue Stadtteil wurde nach
moderneren, zweckmäßigeren Kriterien gestaltet: breite,
gradlinige Straßen, die sich rechtwinklig kreuzten (Corso
Vittorio Emanuele II, Via Ganaceto, Via Sant'Orsola) und sich
zweifelsohne von den engen, gewundenen Straßen, die dem
Verlauf der Kanäle folgten, im mittelalterlichen Teil der
Stadt unterschieden. Typisch für die Bautätigkeit war,
daß sie sich nach Norden ausdehnte und daß sich der
neue Stadtteil vom traditionellen alten Stadtkern trennte, damit
die Hauptstadt des Herzogtums der Familie Este auf diese Weise
ein ganz neues, modernes Aussehen erhielt, das sich mit Absicht
in so krasser Weise von dem mittelalterlichen Stadtkern, Symbol
städtischer Selbstverwaltung, absetzte.
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