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Als das Geschlecht der Este nicht mehr
regierte, war man der Ansicht, daß im Palazzo dei Musei
die mit der Geschichte der Stadt Modena verbundenen Zeugnisse
gesammelt werden sollten. Daher wurde hier gegen Ende des 19.
Jahrhunderts ein Archivio Storico della Comunità (dt. Historisches
Stadtarchiv) eingerichtet, welches vorher im Palazzo Comunale
und davor in einem Raum der Ghirlandina untergebracht worden war.
Die politischen und verwaltungstechnischen Dokumente des Archivs
betreffen verschiedene historische Epochen: Modena als freie Kommune,
dann als Hauptstadt des Staates der Este sowie Modena als Kommune
des modernen italienischen Staates. Die Dokumente reichen vom
12. bis zum 20. Jahrhundert, wobei daran erinnert sei, daß
das älteste aus dem Jahre 969 stammt. Die Sammlung enthält
neben handgeschriebenen Stadtchroniken, seltenen Handschriften
und Briefen berühmter Persönlichkeiten auch Archive
nicht mehr existierender Wohlfahrtsstiftungen sowie Privatarchive.
Sie umfaßt eine Bibliothek, zu deren ältesten Texten
Inkunabeln, im 16. Jahrhundert gedruckte Bücher, seltene
Bücher aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie ein Pressearchiv
mit Zeitschriften und Lokalzeitungen aus dem 18.-20. Jahrhundert
gehören. Der 'Forschungsraum' des historischen Archivs steht
täglich der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das Personal
steht den Forschern gern hilfreich zur Seite.
Außerdem beschloß
die Stadt im Jahre 1886, bisher an verschiedenen Orten der Stadt
aufbewahrte Objekte und Fundstücke im gesamten dritten Geschoß
des Gebäudes aufzubewahren. 1962 wurde diese Sammlung aufgeteilt
und ist seitdem im Museo Archeologico, das später in Museo
Archeologico Etnologico umbenannt wurde, sowie im Museo di Arte
Medievale e Moderna (dt. Museum für mittelalterliche und
moderne Kunst) zu sehen. Anfang der '90er Jahre wurden
die Räumlichkeiten, Schränke und Schaukästen restauriert
und wurde die Anordnung der Ausstellungsstücke geändert
mit dem Ergebnis, daß die Museen nicht nur wegen der wertvollen
Ausstellungsstücke, sondern allein schon auf Grund der Darbietungsweise
einen Besuch wert sind. Besonders sehenswert ist der Raum der
archäologischen Abteilung, der von zwei Pfeilerreihen dreigeteilt
ist, ein Kreuzgewölbe besitzt und mit großen Glasschränken
ausgestattet ist. Die im Museo di Arte Medievale e Moderna ausgestellten
Stücke sind besonders dehalb interessant, weil sie zum größten
Teil aus Modena stammen und dem Besucher Hilfsmittel an die Hand
geben, um mehr über die Geschichte der Stadt zu erfahren.
Für denjenigen, der sich über die städtebaulichen
Veränderungen der Stadt informieren möchte, dürfte
der I. Raum von besonderem Interesse sein: Hier ist auf den Gemälden
und Drucken das alte, nicht mehr existierende Modena zu sehen.
Den II. Raum schmücken zwei Werke von Begarelli, die Muttergottes
der Piazza und ein kleiner Engelskopf. Begarelli schuf im Alter
von 20 Jahren die Muttergottes, die als sein erstes Werk gilt
und ihn bereits als Anhänger des Klassisismus Raffaellos
ausweist. Sie war nahezu 300 Jahre in einer Nische des Palazzo
Comunale untergebracht, bevor sie infolge eines Dekrets, das sämtliche
religiösen Bilder aus öffentlichen Gebäuden verbannte,
im Jahre 1798 entfernt wurde. Im nächstfolgenden Raum sind
zwei Altar-Vorsatztafeln aus Stuckmarmor und zwei skulpierte Weihwasserbecken
ausgestellt, Zeugnisse der in Carpi praktizierten 'Misch'Tradition
und der mittelalterlichen Frömmigkeit. In den darauffolgenden
Räumen finden wir Messingobjekte (III); architektonische
Objekte aus Terracotta sowie in Holz geschnittene Karten (IV);
wissenschaftliche Instrumente (V); Töpfer- und Majolikawaren,
hergestellt in der Fabrik der Ferrari-Moreni in Sasso (VI); Waffen,
Pferdezäume und eine kleine, einsitzige Kalesche (VII); zum
Schluß ein Raum mit der Gandini-Sammlung, einer in Italien
einzigartigen Kollektion, die über 2.000 aus dem 11.-19.
Jahrhundert stammende Stoff-Fragmente umfaßt. Der erste
Raum des Museo Archeologico Etnologico ist der Archäologie
gewidmet und birgt Modeneser Funde aus der Altsteinzeit, vor allem
aber aus der jüngeren Steinzeit sowie aus der Eisenzeit.
Das interessanteste Stück, die berühmte Venus von Savignano,
ist nur als Kopie zu sehen. Von besonderem Interesse sind in der
der römischen Epoche gewidmeten Abteilung das Flachrelief
der Kinder Niobes (2. Jhdt. n. Chr.) und die Bronzegegenstände
aus der in der Via Università entdeckten Domus: in der
etruskischen Abteilung die kleinen Votivstatuen aus Bronze, die
Aschenurnen und eine große, aus Bronze getriebene Situla.
Die aus drei Räumen bestehende Ethnographieabteilung umfaßt
Ausstellungsstücke aus Neuguinea, aus Peru (vor der Entdeckung
durch Kolumbus), aus Südamerika, Afrika und Asien. Besonders
interessant sind die im ersten Saal ausgestellten Stücke,
wo sich ein Vergleich der Steinbeile mit hölzernem Stiel
mit den Fundstücken der archäologischen Abteilung anbietet.
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